Sitzung: 15.04.2021 Rat der Gemeinde Spiekeroog
Beschluss: Ablehnung durch Stimmengleichheit
Abstimmung: Ja: 3, Nein: 3, Enthaltungen: 0, Befangen: 0
Vorlage: 01/096/2021
RV Redelfs erläutert den Sachstand. Die Antragsteller haben nicht
verbindlich mitgeteilt, was auf dem Grundstück nach dem Abriss passieren wird.
Der Abriss wäre daher einzeln zu betrachten und im Sinne der Erhaltungssatzung
nicht erlaubt.
Im Bauausschuss habe man sich gegen den Abriss entschieden mit der
Begründung, dass man nicht weiß, was anschließend gebaut werden soll.
Zwischenzeitlich liegt ein Schreiben der Antragsteller mit Lageplan vor, in dem
eine zukünftige Bebauung beschrieben wird.
Der Landkreis vertritt die Meinung, dass der Abriss genehmigungsfähig
ist und der Rat dem zustimmen müsse und den Abriss nicht ablehnen könne. Der
Bürgermeister hat alle Ratsmitglieder über den Standpunkt des Landkreises mit
dessen Begründung informiert.
RV Redelfs bekräftigt, dass sie nicht dafür wäre, dem Abriss
zuzustimmen, wenn sie nicht weiß, was auf der Brache dann entstehen soll. Wenn
das Gebäude weg ist und einige Zeit vergehen würde, fehle die Grundlage für die
Anwendung der Erhaltungssatzung. Wenn dann z.B. erst nach ca. drei Jahren die
Fläche bebaut werden sollte, würde dann keine Erhaltungssatzung greifen und es
könne alles Mögliche gebaut werden. Der B-Plan müsste dann zwar eingehalten
werden, aber die derzeit vorhandenen zwei Dauerwohnungen könnten dann
entfallen. Dem könnte sie nicht zustimmen.
RM Warenski sagt, dass nach seiner Einschätzung keine juristische
Grundlage bestehe, den Abriss zu verweigern. Daher würde er eine namentliche
Abstimmung über den Beschlussvorschlag wollen, damit er nicht in Regress
genommen würde, wenn etwas schief laufen würde.
RM Schreiber sagt, er stimmt RV Redelfs in ihren Ausführungen zu. Die
Versprechungen der Eigentümer zu den Plänen nach dem Abriss wären nicht
haltbar. Der Abriss sollte erst erfolgen, wenn der Eigentümer verpflichtend
mitteilt, was er auf der Fläche bauen will.
RM Breuer sagt, dass inzwischen mehr Informationen vorliegen würden, als
zum Zeitpunkt des Bauausschusses. Ihm sei die Frage wichtig, in welchem Rahmen
der Rat befugt wäre, einem Abriss zuzustimmen. Worüber darf der Rat in dieser
Angelegenheit überhaupt entscheiden?
RM Klasing sagt, die Verwaltung habe inzwischen mitgeteilt, dass der
Landkreis Bedenken zu der Ablehnung des Abrisses habe. Nach seiner Einschätzung
liegt die Verantwortung in dieser Angelegenheit bei dem Landkreis und nicht bei
der Kommune. Die Bauaufsichtsbehörden würden sich vermehrt zu Ablehnungen in
derartigen Fällen durchringen.
Die Entscheidungen bezüglich eines Ratsbeschlusses könnten nicht in der
Verantwortung einzelner Ratsmitglieder als Person liegen.
In diesem Fall gehe es nicht um einen Bauantrag, sondern um einen
Abriss. Und dieser wäre an die Erhaltungssatzung gebunden. Dass kurzfristig
vierzig Jahre alte Urteile herangezogen wurden, um die Ratsmitglieder in
Pflicht zu nehmen, scheint nicht solide zu sein. Wenn, dann sollte für diesen
Fall eine klare Rechtsauskunft erteilt werden. Daher würde er der Sichtweise
von RM Schreiber und RV Redelfs zustimmen.
Sollte der Gemeinderat Beschlüsse fassen, die nicht gesetzeskonform
sind, dann muss der Bürgermeister einschreiten und erklären, dass es so nicht
geht. Aber der Ratsbeschluss kann gefasst werden. Und so müsse es nach seinem
Verständnis auch sein.
RM Klasing kann sich vorstellen, einen Kompromiss in dieser
Angelegenheit zu finden. Der Abriss könne z.B. an eine rechtsverbindliche
Zusage geknüpft werden.
BM Piszczan erläutert: die Antragsteller und Eigentümer haben
mitgeteilt, dass sie sich eine Mischung aus Dauerwohnraum, Ferienwohnungen und
Gewerbe vorstellen können. Das würde dem entsprechen, was die Gemeinde wolle.
Der Landkreis habe erklärt, dass der Abriss an die Erhaltungssatzung
gekoppelt sei und damit wäre die Gemeinde zuständig.
Die Verwaltung hat nach eigener Einschätzung den Beschlussvorschlag
formuliert. Der Abriss scheint nicht verweigerungsfähig zu sein.
Der Landkreis habe auf Bitten des BM seine Einschätzung zur Haftung der
Ratsmitglieder unterstützt durch Zitate entsprechender Rechtsprechung
mitgeteilt.
Den Mitgliedern des Rates könne es passieren, dass sie haftungsrechtlich
in Anspruch genommen werden. Dies würde dann zu Lasten der Personen des Rates
gehen.
Die Verwaltung habe damit eine Entscheidungshilfe gegeben und es wäre
auch die Pflicht des Bürgermeisters, die Ratsmitglieder vor Schaden zu
bewahren.
Nach einem Abriss soll das Grundstück gesäubert und anschließend im
November bebaut werden. Das neue Gebäude sollte in 2022 fertig sein.
BM Piszczan warnt davor, einen vermutlich rechtswidrigen Beschluss zu
fassen und kündigt an, diesen der Kommunalaufsicht zur Prüfung vorzulegen.
Daher wolle auch er eine namentliche Abstimmung.
Kämmerer Koffinke ergänzt: Es wäre klar, was nach dem Abriss gebaut
würde, da dies im B-Plan geregelt wäre. Die Erhaltungssatzung würde in dem Fall
dann nicht mehr gelten, aber eben der Bebauungsplan. Daher würde auch
Dauerwohnraum sicher geschaffen,
wahrscheinlich sogar in größerem Umfang, als bisher, falls sich die
Gesamtfläche und Gesamtnutzung vergrößern würden. Sollte Dauerwohnraum verloren
gehen, würden dafür Gewerbeflächen entstehen; auch dies wäre wichtig und im
Sinne der Gemeinde. Er sieht keine Möglichkeit, eine Ablehnung zu erteilen.
Seiner Meinung nach wäre die Sachlage eindeutig.
RV Redelfs bekräftigt, dass es eine Erhaltungssatzung gibt in der steht,
dass ein Gebäude zu erhalten sei. Wenn der Abriss erfolge, wären die
Bestimmungen der Erhaltungssatzung außer Kraft gesetzt. Sie könne nicht
zustimmen, dass Dauerwohnraum vernichtet würde.
Die Antragsteller beschreiben, dass es in dem Haus Dinge gibt, die heute
nicht mehr genehmigungsfähig sind, wie z.B. die zu steile Treppe. Auch das sei
aber kein Grund, das Gebäude abreißen zu müssen, auch Altbauten können im
Bestand ertüchtigt werden. Auch daher wäre es wichtig, die Erhaltungssatzung
anzuwenden und nicht nur den B-Plan, der unerwartet neues entstehen lassen
könnte.
BM Piszczan bekräftigt, die beiden Antragsteller hätten Argumente
angeführt, die man nicht entkräften könne. Es wäre richtig, dass das Haus heute
nicht mehr genehmigungsfähig wäre, da sich das Baurecht in den letzten
Jahrzehnten geändert habe. Allerdings hätten die neuen Besitzer ja auch
gewusst, was sie kaufen. Aber mit dem B-Plan wisse man, was genehmigungsfähig
wäre.
Man würde sich hier zu sehr an dem Punkt verrennen, dass man nicht genau
wisse, was nach dem Abriss passieren würde.
Es sei ja auch ein Angebot der Antragsteller, in der derzeit störfreien
Zeit, aufgrund des fehlenden Tourismus, den Abriss durchzuführen.
Man könne auch darauf vertrauen, dass im Anschluss im Sinne des B-Planes
die richtigen Entscheidungen getroffen würden.
RV Redelfs bekräftigt: sie könne dem Abriss nicht zustimmen, weil sie
nicht entgegen der Erhaltungssatzung stimmen möchte. Es könnte passieren, dass
die Fläche dann zu lange unbebaut bleibt und die Erhaltungssatzung dann nicht
mehr greifen würde.
RM Breuer unterstützt die Argumentation, dass jetzt an dem Projekt
gearbeitet würde, in einer Zeit, in der kein Tourismus auf der Insel wäre. Dies
sei ebenfalls ein wichtiger Punkt und von Vorteil.
RM Warenski meint, einem Eigentümer müsse es unbenommen sein, was er mit
seinem Grundstück macht. Wenn er es bebauen möchte, könne er es bebauen und
wenn er etwas abreißen möchte, müsste er auch dies dürfen.
RV Redelfs bekräftigt, dass der B-Plan nicht vorschreibt, ein Grundstück
zu bebauen. Aber genau das könnte dazu führen, dass der Dauerwohnraum verloren
gehen würde.
BM Piszczan meint, man könne auch einen Umlaufbeschluss erzielen, wenn
es kurzfristig zu einer schriftlichen Vereinbarung kommen würde.
RM Schreiber meint, wenn es von den Eigentümern eine verbindliche
Erklärung geben würde, was auf dem Gelände geplant werden soll, wäre das für
ihn ein Kompromiss.
RM Klasing meint, dass es sich um eine rechtsverbindliche Erklärung
handeln müsse, die auch für Rechtsnachfolger gültig sein müsse. Dies könnte man
mit einem Umlaufbeschluss zeitnah
erreichen.
Kämmerer Koffinke sagt, dass eine rechtsverbindliche Erklärung nur über
den Eintrag im Grundbuch zu erzielen sei; dies würde aber Zeit kosten. Das
Baurecht basiert auf städtebaulichen Verträgen und dies würde immer den Eintrag
im Grundbuch zur Grundlage haben.
RV Redelfs sagt, es sei also kein rechtsverbindlicher Kompromiss
möglich, weil es viel zu lange dauern würde. Da wäre ein Bauantrag allemal
schneller.
RM Breuer sagt, er sei kein Fachmann, aber dies würde nach Kosmetik
klingen.
Der Beschluss wäre dann ein formaler Hinweis, aber ohne jeden Effekt.
Wenn es eine Auflage geben soll, muss es auch eine Auflage mit Folgen sein.
Wenn es ein Ausrufezeichen sein soll, wäre das in Ordnung, aber man
müsse sich darüber im Klaren sein, dass dies keine rechtlichen Folgen hat.
Einen städtebaulichen Vertrag könne es offensichtlich nicht geben.
RM Warenski sagt, dies wäre ein kritisches Thema und er würde den
Beschlussvorschlag nicht ändern wollen.
Wenn der Bauherr einen Antrag stellt, muss er eine Antwort auf seinen
Antrag – und zwar entweder mit „ja“ oder „nein“ – bekommen.
RV Redelfs entgegnet, der Rat habe schon öfter einen Beschlussvorschlag
ergänzt, dies sollte kein Kriterium für eine Entscheidung sein.
RM Klasing meint, wenn drei Ratsmitglieder gegen den Abriss wären und
drei dafür, wäre der Beschlussvorschlag abgelehnt. Wenn die Verwaltung diesen
Beschluss für rechtswidrig hält, dann muss der Bürgermeister diesen Ratsbeschluss
der Kommunalaufsicht zur Prüfung vorlegen.
RM Warenski sagt, er wird dem Abriss zustimmen, da es nach seiner
Einschätzung rechtlich nicht möglich wäre, dagegen zu stimmen.
BM Piszczan bekräftigt, dass diese Vorgehensweise viel Zeit kosten würde.
Er wird diese Informationen an die Kommunalaufsichtsbehörde weiter leiten.
Die Ratsmitglieder sind sich einig, dass namentlich abgestimmt wird.
Der Beschlussvorschlag lautet:
Der Rat der Gemeinde Spiekeroog stimmt gemäß § 2 Abs. 1
Erhaltungssatzung dem Rückbau des bestehenden Bestandes des Objektes auf den
Flurstücken 51/2 und 50 der Flur 2 zu.
Die Ratsmitglieder entscheiden bei 5 Ja-Stimmen und einer Enthaltung für
eine namentliche Abstimmung.
Ergebnis der namentlichen Abstimmung:
Die Ratsvorsitzende ruft die einzelnen Ratsmitglieder zur Stimmabgabe
auf.
Breuer: dafür
Germis: nicht anwesend
Klasing: dagegen
Piszczan: dafür
Redelfs: dagegen
Schreiber: dagegen
Warenski: dafür