Sitzung: 22.03.2024 Rat der Gemeinde Spiekeroog
Beschluss: mehrheitlich beschlossen
Abstimmung: Ja: 6, Nein: 2
Vorlage: 01/009/2024
Beschlussvorschlag:
Das Einvernehmen zur Zulassung einer Ausnahme
von der Veränderungssperre nach § 14 Abs. 2 BauGB wird aus den Gründen der
Beschlussvorlage versagt.
Angesichts dessen wird auf eine weitergehende
Stellungnahme zu anderen als bauplanungsrechtlichen Aspekten verzichtet, aber
für das weitere Genehmigungsverfahren darauf hingewiesen, dass die Gemeinde
parallel zur Aufstellung des B-Planes Nr. 22 „Dorf“ ihre bereits bestehende und
auf das Vorhaben anwendbare Erhaltungssatzung aktualisiert sowie eine
Zweckentfremdungssatzung aufstellt, die bei der weiteren Bearbeitung des
Genehmigungsverfahrens beachtlich werden können. Der Hinweis ist der o.g.
Versagung ergänzend beizufügen.
Ratsvorsitzende Redelfs führt kompakt ein. Der Sachverhalt umfasst ein
Gebäude, das ursprünglich für Wohnzwecke beantragt und genehmigt wurde, jedoch
seit geraumer Zeit zum Teil als Ferienwohnungen vermietet wird. Am 18. Dezember
2023 hat die Eigentümerin eine Nutzungsänderung für diese Ferienwohnungen
beantragt und gleichzeitig die Errichtung eines Nebengebäudes vorgeschlagen,
wobei ein bereits bestehendes Nebengebäude zurückgebaut werden soll. Laut den
eingereichten Bauvorlagen würde das Hauptgebäude nach der Umgestaltung zu 55 %
als Dauerwohnungen und zu 45 % als Ferienwohnungen genutzt werden.
Rechtlich betrachtet stoßen die geplante Nutzungsänderung und der Neubau
des Nebengebäudes auf eine Veränderungssperre gemäß dem Bebauungsplan Nr. 22
"Dorf". Eine Ausnahme von dieser Sperre gemäß § 14 Abs. 2 BauGB kann
nur gewährt werden, wenn keine öffentlichen Belange dem Vorhaben
entgegenstehen. Allerdings ist die geplante Nutzung nicht mit dem aktuellen
Planungsstand vereinbar und könnte mit zukünftigen Bebauungsplänen und
städtebaulichen Satzungen in Konflikt geraten.
Da die Nutzungsänderung nicht genehmigungsfähig ist, betrifft dies
automatisch auch den geplanten Neubau des Nebengebäudes. Eine getrennte
Entscheidung der Gemeinde ist nicht zulässig. Aufgrund der fehlenden
Ausnahmegenehmigung und der potenziellen Konflikte mit dem zukünftigen B-Plan
sieht die Verwaltung eine Ausnahme von der Veränderungssperre als aktuell nicht
genehmigungsfähig an.
Ratsmitglied JoBellstedt teilt mit, der Antrag sei am Tag zuvor beim
Landkreis zurückgezogen worden.
BM Kösters erwidert, dazu keine Kenntnis zu haben, sein letzter
Mailabruf war keine 2 Stunden vor der Sitzung. Er rät, den Tagesordnungspunkt
zu behandeln, das Ergebnis der Beratung mündet in eine Stellungnahme an den
Landkreis Wittmund, hier wird dann nach aktuellem Verfahrensstand gehandelt.
RM JoBellstedt ergänzt, der Antragssteller hätte alles richtig gemacht.
Es sei höchstens ein Formfehler, eine Ablehnung sei nicht verhältnisgemäß und
es sei ein Irrglaube, dass der Eigentümer sofort an Wohnungssuchende vermieten
würde. Die Wohnung sei auch nicht zur festen Bewohnung geeignet, an den
Ferienwohnungen würde die Altersversorgung und die finanzielle Existenz
hängen.
Ratsmitglied Baumfalk bestätigt dies, die Finanzierung sei mit 2
Ferienwohnungen abgeschlossen, selbst eine hier rauszunehmen sei unmöglich. Der
Eigentümer müsse daraufhin günstig verkaufen und die Insel verlassen.
Ratsmitglied Goedecke widerspricht. Die Ablehnung erfolge aktuell auf
Grundlage der Veränderungssperre. Niemand werde in den Ruin getrieben.
Ratsvorsitzende Redelfs zeigt sich verärgert über die vorgetragenen
Ansichten. Der B-Plan sei noch nicht fertig und die Anwendung würde schon
angezweifelt. Es sei nicht korrekt, dass jeder mache, was er wolle. Es war
sicherlich nicht das Eigenverschulden, sondern der Architekt, der hier nicht
sauber gearbeitet hätte. Aber es sei zweifelsfrei ein Wohnhaus genehmigt und
der Eigentümer hätte sich nie gekümmert, dies zu heilen. Sie hält es für
falsch, hier einfach darüber hinwegzugehen.
Eine Zuhörerin meldet sich, Ratsvorsitzende Redelfs erklärt, dass
während der Beratung keine Fragen oder Diskussionen mit dem Publikum gestattet
seien.
Die Zweitwohnungsbesitzerin zeigt sich
darüber erbost, sie sagt, selbst Anwältin zu sein und möchte die
Rechtsgrundlage hinterfragen. Die Vorsitzende verweist auf das NKomVG sowie die
Geschäftsordnung. Die Zuhörerin
ruft in die Sitzung, wird mehrfach ermahnt, bis ein weiterer Zuhörer sie
deutlich auffordert, endlich ruhig zu sein.
Ratsmitglied Bellstedt spricht erneut von einem Formfehler.
BM Kösters ergreift das Wort. Er erklärt, dass Spiekeroog in Deutschland liege und das Handeln der Gemeinde und auch des Landkreises gesetzlichen Regelungen unterliege. Der vorliegende Fall sei unglücklich, aber zunächst eindeutig. Es sei ein Wohnhaus genehmigt und zwei Wohnungen würden seit vielen Jahren als Ferienwohnungen vermietet. Dies sei zunächst nicht legal. Verwaltung und Landkreis würden hier bisher sehr besonnen agieren, hätten diverse Gespräche mit dem Eigentümer geführt und ihn aufgefordert, eine Heilung herbeizuführen. Wie in der Beschlussvorlage dargelegt, sei eine Behandlung auf Grund der Veränderungssperre aktuell nicht möglich. Ob und wie es weitergeht, hängt vom künftigen B-Plan aber auch den örtlichen Satzungen ab. Baurecht sei sehr komplex, sofern es Entscheidungsspielräume gäbe, würden diese zur Beratung gestellt werden. Er erinnert an die Situation im Vorhaben „Fallen Anker“. Gemeinde und Rat begrüßen die vom Eigentümer gewünschte Dachsanierung. Gemäß Bauordnungsamt vom LK Wittmund wäre das aktuell beantragte Vorhaben jedoch nicht genehmigungsfähig.